Kritik: King Kelly

King_Kelly

Found Footage Film trifft auf ihren pursten Ursprung: Die Iphone-Generation

Bereits 13 Jahre ist es her seit das Blair Witch Project mit ihrem Experiment eindrucksvoll vorgeführt haben, dass es  auch mit geringen Mitteln und schlechter Kameraführung möglich ist, einen Vollzeit-Spielfilm zu drehen. King Kelly treibt den damals erfundenen Found-Footage Film auf neue Höhen und provoziert ausserdem mit einer grotesken Portraitierung der Generation Iphone.

Kelly ist ein Vorstadtteenager Anfang 20 aus New York. Ihren Lebensunterhalt verdient sie sich mit schmuddligen Live-Pornos welche sie aus ihrem Schlafzimmer bei ihren Eltern durch das Internet in alle Welt sendet. Gleich zu Beginn des Filmes sehen wir Kelly also vor ihrer Webcam wie sie es sich mit einem Dildo selber besorgt, ganz zum Vergnügen ihrer Zuschauer welche sie geradezu anbeten und mit Online-Trinkgeld überschütten. Diese Aufmerksamkeit, wenn auch in einem degradierendem Kontext, scheint der Protagonistin so zu Kopf gestiegen zu sein, dass sie nicht aufhören kann sich mit ihrem Handy selbst zu filmen. Diese Leidenschaft teilt sie mit ihrer besten Freundin, was dem Zuschauer ermöglicht, wie durch ein Fenster in das Leben dieser scheinbar unbeschwerten Teenager zu blicken.

Bewaffnet mit ihrem Iphone und einem Ego das seinesgleichen sucht, begleitet der Zuschauer Kelly und ihre Bekannten auf ihrem White-Trash-Abenteuer während eines ganzen Tages. Was mit ein paar harmlosen Nacktaufnahmen am 4. Juli beginnt, transformiert sich langsam zu einem dunklen Albtraum. Von exzessiven Trinkgelagen über das ganze ABC der Drogen bis zum durchgedrehten Cop wird kein Clichée eines verdorbenen Vorstadt-Teenagers ausgelassen. Kellys Arroganz und Naivität, welche glaubhafter nicht gespielt sein könnte als von Louisa Krause, nimmt schliesslich ihren Lauf und beschert ihr eine Katastrophe nach der anderen. Bis es schliesslich kein Zurück mehr gibt.

Dieser Film wirft den Zuschauer vom bequemen Kinosessel direkt in eine bizarre Realität welche nicht nackter dargestellt sein könnte. Die ausgezeichnete Leistung der Schauspieler und die Handkameraführung, welche ausschliesslich mit Iphones durchgeführt wurde, vermischen Fiktion und Realität derart, dass man teilweise vergisst, dass gerade eine Spielfilm und keine Dokumentation auf der Leinwand gezeigt wird. Den Machern von King Kelly ist es mit ihrem Film gelungen die Iphone Generation hautnah miterleben zu können. Der einzige Wermutstropfen stellt dabei nur die Frage dar, die sich nach dem Film aufdrängt: Ist unsere Jugend wirklich so verdorben? Es ist zumindest schwer vorstellbar, was den Film dadurch weniger glaubhaft erscheinen lässt.

Marwan Abdalla

Datum Sep 26, 2012
Kategorie: Kritik
| No Responses

Subscribe Scroll to Top