Walt Disney für Physiker und Nerds

3D, Animation und Special Effects – Die Wissenschaft hinter der Magie.

Abschrift des Vortrags von Professor Markus Gross, Director Disney Research bei der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich

Disney ist im Filmgeschäft eine ganz grosse Nummer. Was viele nicht wissen – die Firma hat in Zürich einen Ableger. ETH-Professor Markus Gross gab im Rahmen des Filmfestivals einen Einblick in die Forschungsarbeit bei Disney Research Zürich.

disneyresearch

Disney macht nicht nur Filme, die Firma besitzt auch Freizeitparks und Hotels. Die Fernsehsender ABC und ESPN gehören ebenso zum Konzern wie Formate wie Pirates of the Carribean und Desperate Housewives. Disney ist eine klassische Unterhaltungsfirma.

Disney war auch Miterfinder der Animation mit dem Film Steamboat Willie:

Als vor sieben Jahren die Computeranimations-Firma Pixar gekauft wurde veränderte dies die Firma Disney stark und machte aus dem traditionellen Unternehmen eines im Bereich der Technologie. Daraus entstand der Schweizer Ableger, Disney Research Zürich. Bei der Forschung an der Eidgenössischen Technischen Hochschule geht es nicht nur um Technologie. Die Arbeit mit Disney muss dem Storytelling dienen. Es geht darum, Technologie zu entwickeln mit der die Filmemacher ihre Geschichte besser erzählen können oder Methoden zu finden, wie eine Geschichte auf eine Weise erzählt werden kann wie nie zuvor.

 

Hollywood und ein Abstecher in die Filmindustrie

 

Die grossen Blockbuster Hollywoods kosten zum Teil dreistellige Millionensummen. Ein Filmstudio funktioniert heutzutage wie eine Bank. Sie haben wenig Kreativkraft, wenig Technologie und viele Arbeiten wie die Spezialeffekte werden ausgelagert. Der Druck, Filme ökonomisch zu produzieren nimmt zu. Bei den Studios und vor allem bei Disney wird das Transmediale Storytelling immer wichtiger. Zum Beispiel beim Film Avatar. Die Geschichte des Films wird im Computerspiel aufgenommen und auf anderen Medien weitergesponnen. Im Internet, mit einer Fernsehserie. Der Trend dass physische Medien von Onlineangeboten verdrängt werden wird immer mehr Realität, die Entwicklung verläuft rapide. Inskünftig werden Medien nur noch online gekauft werden. Dies sind die wichtigsten Probleme, mit denen Hollywood zu kämpfen hat.

 

Animation

 

Für die Forscher von Disney Research geht es darum, Technologie zu entwickeln, mit der die visuellen Ausdrucksmöglichkeiten grösser werden und sich die Künstler anders ausdrücken können. Die Spezialeffekte sollen möglichst realistisch sein. Deshalb können die Methoden nicht ganz vom Computer übernommen werden, denn der versteht nur binäre Informationen. Der Mensch soll das Erzählen kontrollieren.

 

Klassische Animationsfilme werden nach wie vor von Hand gemalt. Der Computer spielt dabei eine kleine Rolle. Einige Animateure zeichnen die Schlüsselszenen des Films, andere malen die Szenen dazwischen. Von Hand zu malen ist eine sehr subtile Arbeit. Bei 24 Frames pro Sekunde jedoch auch aufwändig. So können Zwischenbilder mit dem Computer berechnet werden, sogenanntes Tweening. So kann viel Arbeit und Geld gespart werden. Bei Disney kann dies Halbautomatisch erfolgen, das heisst die Bewegungsabläufe können trotz Unterstützung des Computers komplett kontrolliert werden.

 

Bei Animationsfilmen die komplett in 3D gemacht werden ist der Computer vom Anfang an mit im Spiel. Dabei werden die komplette Story und die Charaktere im Computer modelliert, animiert und gerechnet. Trotz aller Fortschritte sehen Filme mit dieser Technik künstlich aus. Die Künstler und Filmemacher wünschen, dass die Expressivität der Arbeitsweise mit dem Pinsel einfach auf die dritte Dimension erweitert werden kann. So dass diese aussehen wie von Hand gemalt.

 

Von der Form zur Physik

 

Effekte in der 3D-Animation sind sehr komplex zu berechnen. So komplex, dass bei einigen Forschungsarbeiten gar der ETH-Supercomputer zur Verwendung kommt. Grundsätzlich möchten die Filmemacher, dass sich modellierte und animierte Objekte physikalisch korrekt verhalten, dass davon aber beliebig abgewichen werden kann. Im Fachjargon nennt man dies Cartoon Physics, so dass zum Beispiel bei einem Autoaufprall das Fahrzeug spektakulär zurückprallt.

 

Die Königsdisziplin

 

Das Menschliche Gesicht stellt für die Macher von Animationsfilmen die grösste Herausforderung dar. Dennoch ist dieser Teil des Körpers der wichtigste für Animationsfilme. Dabei kommt jedoch ein entscheidender psychologischer Effekt zum tragen. Bei einem synthetisch erzeugten Wesen, bei den Gesichtern im speziellen, fühlen wir uns der Figur je mehr emotional verbunden, je menschenähnlicher es ist. An einem bestimmten Punkt ändert sich dies. Wenn die Figuren und Gesichter noch menschenähnlicher werden wird aus der emotionalen Bindung eine Abneigung. Dies ist ein Grund, weshalb viele Charaktere in Animationsfilmen bewusst karikiert gezeichnet werden. Durch die aktuelle Technologie im Animationsbereich wirken Gesichter oft tot, unecht und ausdruckslos.

 

Beim Film Avatar wurde die Animation der Gesichter schon sehr weit getrieben, die Gesichter sind vergleichsweise sehr ausdrucksstark. Aber die Figuren sind keine Menschen. Obwohl die 3D-Filme schon unheimlich gut modelliert sind wirken die Gesichter nie ganz perfekt. Also was fehlt noch?

Die Forschungsarbeit von Disney Research Zürich besteht unter anderem darin, die Geometrie des Gesichtes in den Computer zu bringen. Und dies nicht nur grob, sondern ganz genau, bis ins mikroskopische Detail. Das Problem dabei ist, dass man das Gesicht zwar mit einem Laser scannen kann. Jedoch nur als Einzelbild, der gesamte Bewegungsablauf wird nicht erfasst. In Zürich wurde eine Lösung für dieses Problem entwickelt. Mit zwei Spiegelreflexkameras kann ein Punkt im 3D-Raum zugeordnet werden. Mit vielen solcher Kameras und viel Mathematik kann die Mikrogeometrie des Gesichtes und die Deformation erfasst werden. Da die menschliche Haut an jeder Stelle einzigartig ist können bestimmte Punkte auf der Haut erfasst und verfolgt werden. Bei dieser Technologie kann man alles machen. Zum Beispiel kann im Computer die Textur des Gesichtes verändert werden. Die Haare, Augen und die Zähne können verändert werden. Der Mensch macht die Mimik, der Computer den Rest. So ein Modell erlaubt es auch die Textur der Haut zu verändern, zum Beispiel Sommersprossen einzufügen.

 

Abbild der Menschen

 

Die Berechnungen können auch im Bereich der Robotics genutzt werden. Die Maschinen können so humanoider, also den Menschen ähnlicher gebaut werden. Die Forscher der ETH haben einen der Studenten sogar physisch geklont. Die Software entsteht in Kooperation der ETH mit Disney. Die Forschungsresultate werden weitgehend publiziert. Vieles davon sind Doktorarbeiten. Ziel der Forscher ist es, perfekte Animatronics zu erstellen. Also physisch perfekte Kopien der Menschen. Davon ist man laut Prof. Markus Gross jedoch noch weit entfernt. Wie bei vielen Entwicklungen im Bereich der Technologie scheint aber auch dies nur eine Frage der Zeit. Und die Zürcher Forscher tragen ihren Teil dazu bei.

 

(ws)

Datum Sep 29, 2012
Kategorie: Allgemein
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